Landschaft als Lebensort

Das Landschaftsbild bestimmt einen Großteil meines malerischen Repertoires.


Warum ?


Einen entscheidenden Anstoß erhielt ich während meines Kunsterzieherstudiums in den 60-er Jahren in Erfurt . Dort Altstadtmotive pleinairistisch zu entdecken öffnete mir einen Zugang zur reinen Landschaftsmalerei, zu einer sensiblen Wahrnehmung der Umgebung und lehrte mich, mich in die Landschaft „hineinzuziehen, sie zu verinnerlichen, sie bildnerisch zu erleben. Für mich ist „Landschaft“ eine Totalität geographischer, ästhetischer, emotionaler und historischer Bezüge in mir selbst und als Brücke zum Betrachter und zur Welt.


Das ist Leinefelde im Eichsfeld, der letzte Lebensort meiner Mutter, die hochbetagt, dort ihr Leben vollendete.


Das ist Nordhausen im Harz, wo ich meine Frau Gabriele kennen lernte. Eine Stadt mit einer geschichtsträchtigen Architektur, mit fürchterlichen Wunden und wieder neu entstanden als Tor zum Harz.



Das ist die märkische Landschaft und der Mittelprendener See mit seinem idyllischen Campingplatz, für uns ein zweites Zuhause und ein Ort der Begegnung mit Freunden .



Das ist die Potsdamer Landschaft, vor allem die bis 1989 verschlossene Kulturlandschaft jenseits der Glienicker Brücke. Dort verweilte ich ergriffen als die Freude trunkenen Massen „gen Westen“ zogen.



Das ist das Erlebnis der bizarren bergigen Landschaft in Süddeutschland während eines Kuraufenthaltes in Bad Urach 2007 – ganz im Kontrast zur Weite der märkischen und Ostseelandschaft .


 

Und das sind in ganz besonderem Maße Usedom und das Achterwasser, der Ort Zempin und das Atelier Kurt – Heinz Sieger, dessen Nachlass mit zu pflegen ich die Ehre habe.  

Als Hochschullehrer habe ich in diesem Ferienatelier mit Studenten vor Ort die Landschaft pleinairistisch erschlossen und ihnen die Usedomer Künstler wie Scheele, Sieger, Wegehaupt, Otto Niemeyer-Holstein, Joachim John u.v.a. nahe gebracht .

 


Die „verdichtete Landschaft“

Wie könnte man meine Landschaften bezeichnen?


Expressiv – impressionistisch oder ekstatisch – impressiv , erhaben , demutsvoll ,

komplentativ , realistisch ?


Auf jeden Fall sind sie dem Sichtbaren verbunden, an der Realität dran, aber nicht „naturalistisch“ detailgetreu nachahmend, sowohl konkret als auch das Wesentliche meiner Beziehung zur gegebenen Lebenswelt ausdrückend, das „Unsichtbare sichtbar“ machend (nach Paul Klee ).


So fand ich folgerichtig zur Abstraktion.



Rezension zur Ausstellung

Arno Neumann in der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ über die Ausstellung

„Achterwasser“ in der Historischen Mühle in Sanssouci, 13.08.2004:


„Uneingeschränkte Aufmerksamkeit verdienen seine realistischen Landschaftsbilder, wobei, es sei wiederholt vermerkt, guter Realismus auf Abstraktion nicht verzichten kann ..... 

Daneben .... hängen Herzels abstrakte Collagen aus Fragmenten von An- , Fehl- und Probedrucken, von Malabfällen und Textilien. Der Grundakkord der Farbigkeit aus den realistischen Landschaftsbildern ist in mancher Arbeit wieder zu finden , doch das Landschaftsmotiv .....ist aufgelöst in Flächen und Strukturen ..... von daher lassen sie sich werten als eine Suche nach unverbrauchten Mitteln für eine zeitgenössische Landschaftsmalerei .....

Künstlerische Qualität , welchen Ismen sie auch zugehört , veraltet nicht .“



Bärbel Wendt, in MAZ, 1.12.2008


„Achterwasser“ von Harald Herzel

Unerschöpfliche Landschaft Usedom



...“Die unspektakuläre, fast noch unberührte und gleichsam historisch schwer belastete Landschaft

,....wo schon Otto Niemeyer-Holstein seine Staffelei aufstellte, ist seine Malheimat, die ihm unerschöpfliche und zutiefst verinnerlichte Motive bietet ... . Er malt auf Papier, Leinwand, Hartfaser mit Aquarell, Gouache, Acryl und akzentuiert mit Feinliner, Kohle, Sepiakreiden, so dass mehr oder weniger Mischtechniken entstehen . ... Herzel malt nicht aus der Palette. Er mischt seine

Farben und Pigmente selbst und kommt mit sehr wenigen Farben aus. Rötliche Brauntöne korrespondieren mit warmen grün/oliv Tönen und einer reichen Blauskala. Auch hier etwas von Kameke . Bei den Aquarellen, meist laviert farblich ineinander übergehend teils mit Feinliner behutsam konturiert, wird partiell das Weiß des Malgrundes einbezogen, um Lichtspiegelungen und Wasserbewegung zu gestalten.

Bei den Gouachen sind die Farben dichter , eher erdgebundener. Für Acryl und Eitempera, teils mit Kohle und Sepiakreiden untermalt, dient Hartfaser als Malgrund. Die altmeisterliche, gedämpfte Wirkung erhalten die Bilder durch vielschichtige, teils auch pigmentierte Lasuren.

Die hier angewandte Valeurmalerei verbindet Ton- und Farbelemente in bestimmtem Verhältnis. Interessant zu sehen, wie bei sehr ähnlichen Motiven, mit verschiedenen Malmedien, völlig andere Effekte und damit Bildempfindungen erreicht werden.

Alle malerischen Elemente tauchen in Herzels großformatigen , sehr eigenwilligen Collagen wieder auf. Sie entstehen aber als eigenständige Arbeiten neben der Malerei. Der fast spielerische Umgang mit integrierten Naturmaterialien, wie Muscheln, Reet, Sackleinen,auch Mal- und Druckabfällen, stellen zwar eine Beziehung zu den Malthemen her, sind jedoch eher intuitive Gedankenentwürfe von Pseudolandschaften, mit einer an Symbolen und Zeichen festgemachten Bildsprache, fern von der Realität entwickelt und doch auf sie bezogen. Es ist der Versuch, eine Möglichkeit, Reales in die Abstraktion zu übersetzen. Die expressiven Farbakzente sind ausgewogen und mit Feingefühl gesetzt . Es ist eine ganz andere Seite seiner künstlerischen Entwicklung .“